Wie Pjotr Kleptzow den Krieg und Gefangenschaft überlebte. Teil 1.

Kukarka-Emmerthal

4110 km liegen zwischen der niedersächsischen Stadt Emmerthal und der Siedlung Kukarka in Sibirien. Es gibt kaum einen Grund diese beiden Standorte in Verbindung zu bringen, aber trotzdem sind sie in der Geschichte unserer Familie fest verwurzelt. Pjotr Kleptzow, der Urgroßvater meiner Frau ist in Kukarka geboren. In Kriegszeiten wurde er als Ostarbeiter gezwungen in Emmerthal bei der Zuckerfabrik zu arbeiten. Zum Glück hat er es überlebt und ist wohlauf nach Hause zurückgekommen. 

Er hat so gut wie gar nichts über die Gefangenschaft erzählt. Für die Familie meiner Frau war es immer nur irgendeine Stadt in Deutschland, aber da meine Frau und ich nun selbst seit 5 Jahren in Deutschland leben, war es interessant diese Lücke zu füllen. Jetzt möchte ich diese Geschichte präsentieren.

Die Siedlung Kukarka liegt in der Nähe (etwa 317 km) der Großstadt Omsk und wurde im Jahr 1893 gegründet. Heute lebt da kaum noch jemand und das Dorf wird sicherlich in den nächsten Jahrzehnten wie viele andere Dörfer und Siedlungen in Russland nur noch auf alten Landkarten zu finden sein. Das Haus von Pjotr Kleptzow ist aber immer noch in einem relativ guten Zustand, da es nach seinem Tod im Jahr 2001 als Postfiliale verwendet wurde.

Nach einem erfolglosen Versuch Moskau im Winter 1941 zu besetzen, startete die Wehrmacht im Jahr 1942 eine neue Offensive, den Fall Blau. Im von Deutschland besetzten europäischen Teil der Sowjetunion lebte vor dem Krieg mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Um die deutsche Invasion zu stoppen, wurde die Bevölkerung Sibiriens aktiv mobilisiert.

Der 29-Jähriger Leutnant Pjotr Kleptzow hatte unter seinem Kommando eine Panzerabwehrkompanie des 334. Panzerabwehrbataillons der 284. Schützen-Division.

Pjotr Kleptzow

Kurz vor Beginn der deutschen Offensive wurde ihre Division von der 4. Armee unter direktem Befehl der Brjansker Front in die Siedlung Kastornoe in der Nähe von Woronesch geschickt. Dort musste man den Eisenbahnknotenpunkt verteidigen, der Moskau mit dem Donbass, Kursk und Woronesch verbindete.

Die Siedlung „Kastornoje“ auf dem Plan

Das Gefecht wurde in dem Bericht des Divisionskommandeurs Oberstleutnant Batjuk ausführlich beschrieben. Es gab ausreichend Zeit, um die Defensive vorzubereiten: es wurden geschützte Panzerabwehr-Artilleriestellungen organisiert und mobile Panzerabwehrgruppen gebildet. Die Wehrmacht versuchte zwei Tage lang erfolglos, die Verteidigung zu durchbrechen, wobei sie viele Panzer verlor. Schließlich schlug sie am Verbindungspunkt der Einheiten zu, stieß in die Rückseite vor und schnitt die Versorgungswege ab. Die Siedlung wurde zusammen mit den verbliebenen Einheiten eingekesselt und durch die Luftwaffe vollständig zerstört. Es wurde die Entscheidung getroffen, sich zurückzuziehen…

Editiert von Maximilian Wieg